Ende 2023 war es wieder so weit. Für einige Mitarbeitende des Karlsruher Klimafonds (ein Projekt der Karlsruher Energie- und Klimaschutzagentur Karlsruhe) stand eine Reise nach Ecuador an. Ziel war der etwa 90 Kilometer westlich von Quito gelegene Kanton San Miguel de Los Bancos. Hier betreibt die KEK seit 2012 gemeinsam mit einem kleinen ecuadorianischem Team Aufforstungsprojekte. Ziel der Projekte ist die Wiederherstellung eines nativen Nebelwaldes auf ehemaligen Weideflächen für Rinder. Ohne menschlichen Einfluss ist der Nebelwald das natürliche vorherrschende Ökosystem in dieser Region.
Ein Reisebericht von Julia Ohmes


Die Schönheit des Nebelwaldes

Die Vielfalt des Lebens, die in diesem Wald beheimatet ist, beeindruckt durch ihre Fülle. Wenn man auf einem der kleinen Pfade im Wald stehen bleibt, das satte und feuchte Grün auf sich wirken lässt, hat man fast das Gefühl, den Wald atmen zu hören. Und genau in diesen Momenten wird einem umso mehr bewusst, wie wichtig diese grünen Lungen für unsere Erde sind.

Aufforstungsfläche Saloya Ecuador
Der Nebelwald am Westhang der Anden in Ecuador bietet einer Vielzahl an Tieren und Pflanzen ein Zuhause. © Julia Ohmes

So poetisch ein Spaziergang im Wald auch sein kann, so schnell holt einen in Ecuador die Arbeit und Realität wieder ein. Eine der vielen Aufgaben während der Reise bestand in der Überprüfung des Baumwachstums auf der ältesten Aufforstungsfläche mit dem Namen „Saloya“. In Los Bancos fängt der frühe Vogel den Wurm. Gerade in der Winterzeit nimmt die Regenwahrscheinlichkeit im Laufe des Tages immer weiter zu, sodass man die Arbeit am besten so früh wie möglich beginnt.

Aufforstungsfläche Saloya Los Bancos Ecuador
Um auf die älteste Aufforstungsfläche „Saloya“ in den letzten Winkel des Grundstücks zu gelangen, müssen mehrere Flüsse überquert werden. © Julia Ohmes

Ausgerüstet mit Gummistiefeln, Machete, Maßband und einer hoffentlich guten Kondition gilt es, insgesamt vier Flüsse und so einige Höhenmeter zu überwinden, um die Bäume auf allen Referenzflächen zu vermessen. Da es unmöglich ist, den Zustand und das Wachstum von insgesamt 13.400 gepflanzten Bäumen zu überwachen, wurden mit der Pflanzung der ersten Baumsetzlinge vor zehn Jahren zwölf Referenzflächen definiert. Die Bäume auf diesen Flächen sollen Auskunft über den Zustand der Bäume auf der gesamten Fläche geben.

Bäume vermessen Los Bancos Ecuador
Um das Baumwachstum auf der ältesten Aufforstungsfläche zu überprüfen, wurden der Durchmesser und die Höhe von 231 Bäumen bestimmt. © Julia Ohmes

Nach der Überprüfung und Vermessung von 231 Bäumen steht fest: Nur noch wenige Teile des neuen Waldes verraten, dass dort vor zehn Jahren eine weitläufige Wiese vorherrschte – ein gutes Zeichen! Dennoch gibt es auch Standorte, wo die Bäume trotz der fortgeschrittenen Zeit noch recht klein sind.

Vogel Ecuador
In Ecuador leben etwa 130 verschiedene Kolibri-Arten mit unterschiedlichsten schillernden Farben, variierenden Schnabelformen und Körpergrößen. © Dirk Vogeley

Ein anderes Bild zeigt sich auf der neuen Aufforstungsfläche „La Esperanza“. Mit Blick über die sanften Hügel mit kilometerweiten Kuhweiden ist es schwer vorstellbar, dass auf den 30 Hektar ein neuer Wald entstehen soll. Doch die Bepflanzung der ersten kleinen Fläche hat bereits begonnen. Noch kann man die Setzlinge kaum von dem hohen Gras, das sie umgibt, unterscheiden. Im Vergleich zu den Arbeiten in Saloya gibt es hier noch keine Bäume, die vor der starken Sonne schützen. Während der Begehung der Fläche werden gemeinsam mit dem Umweltgutachter Koordinaten festgelegt. An diesen Punkten werden regelmäßig Fotos und Videos aufgenommen, sodass die Entwicklung der Aufforstung auch aus der Ferne mitverfolgt werden kann.

Aufforstungsfläche La Esperanza
Um die Pflanzung der Setzlinge auf der neuen Aufforstungsfläche auch aus der Ferne verfolgen zu können, werden gemeinsam mit dem ecuadorianischen Team Fotopunkte festgelegt. © Julia Ohmes

Während der Begehung der Fläche werden gemeinsam mit dem Umweltgutachter Koordinaten festgelegt. An diesen Punkten werden regelmäßig Fotos und Videos aufgenommen, sodass die Entwicklung der Aufforstung auch aus der Ferne mitverfolgt werden kann.

Setzling Aufforstungsfläche La Esperanza
Auf der neuen Aufforstungsfläche „La Esperanza“ soll ein Wald auf 30 Hektar entstehen. Die ersten Baumsetzlinge sind schon im Boden. © Julia Ohmes

Neben der Besichtigung des ältesten und des jüngsten Projekts wurden natürlich auch die anderen drei Aufforstungsflächen besucht. Ein weiteres Ziel der Reise war das Knüpfen von neuen Kontakten und das Pflegen bestehender Beziehungen. Der Aufenthalt in Ecuador wurde im wahrsten Sinne des Wortes durch das Getränk „Colada Morada“ versüßt, das schon fast als vollständige Mahlzeit durchgeht. Dieses recht süße, dickflüssige, lilafarbene Getränk, bestehend aus Maismehl und verschiedenen Beerensorten, wird traditionell in den Tagen um Allerheiligen zubereitet und getrunken.

Team San Miguel de Los Bancos
Die Aufforstungsprojekte wären ohne ein motiviertes Team in Ecuador nicht möglich. Bei einem gemeinsamen Abendessen wurden bisherige Erfolge gefeiert. © KEK

Nach diversen Bechern „Colada Morada“, der Überwindung zahlreicher Höhenmeter sowie unzähliger Begegnungen und Gespräche neigt sich die Zeit in Ecuador dem Ende zu. Im Gepäck werden neben bester ecuadorianischer Schokolade vor allem viele Ideen und Eindrücke mit nach Karlsruhe genommen.

Ihnen hat unser Einblick in die Projektarbeit in Ecuador gefallen und Sie möchten diesen Einsatz unterstützen? Dann können Sie …

2022 war ein besonderes Jahr für den Karlsruher Klimafonds: Wir feierten 10 Jahre Aufforstungsprojekte in Ecuador! Aus diesem Anlass haben wir uns einen etwas anderen Jahresrückblick überlegt. Dafür suchten wir unsere persönlichen Lieblingsbilder von dem diesjährigen Projektbesuch im Nebelwald aus und erzählen Ihnen zu jedem Foto die jeweilige Geschichte dahinter. Hoffentlich bereitet Ihnen die Rückschau in Bildern genauso große Freude wie uns.

Wir wünschen Ihnen allen einen guten Start ins Jahr 2023!

Lieblingsbild #1: Die Schönheit des Nebelwaldes

Der Nebelwald im Kanton San Miguel de los Bancos in Pichincha, Ecuador © KEK

Solche Aufnahmen des Nebelwaldes erinnern uns immer wieder daran, für was wir gemeinsam mit dem Team in Mindo das ganze Jahr über arbeiten und wie wichtig diese Mission ist. Rund um unsere Aufforstungsprojekte gibt es noch einige kleine Bestände von Primärregenwald. Doch inzwischen stellen sie nur noch 5 % der Flächen im Kanton San Miguel de Los Bancos dar. Der Großteil wird als Weideflächen intensiv für die Viehzucht genutzt. Seit zehn Jahren lautet unser Ziel deshalb, so viele „Puntos Verdes“ (grüne Flecken) wie möglich in der Region zu schaffen und so den faszinierenden Nebelwald zu regenerieren.

Lieblingsbild #2: Kreativität, die begeistert

Iván Ortíz mit seinem selbstgeflochtenen Rucksack bei der Pflanzung © KEK

Im Jahr 2022 schloss das Team Mindo das Aufforstungsprojekt Milpe in Rekordzeit ab. Eine Pilotfläche von einem Hektar wurde innerhalb von wenigen Tagen aufgeforstet, die restlichen fünf Hektar folgten in nur zwei Wochen. Das war neben der langjährigen Erfahrung auch der Kreativität der Arbeiter*innen zu verdanken. So entwickelte Iván Ortíz zusammen mit seiner Familie ein neues Transportmittel für die Setzlinge: einen selbstgeflochtenen Rucksack, in dem sich die Setzlinge problemlos durch schwieriges Gelände transportieren lassen.

Lieblingsbild #3: Das Zusammenspiel von Klima- und Artenschutz

Ein Anden-Bartvogel in Mindo, Pichincha, Ecuador © Heike Brieschke

In unserer täglichen Arbeit sind wir von einer Sache fest überzeugt: Artenschutz und Klimaschutz sind zwei Seiten derselben Medaille. Das eine wird nur zusammen mit dem anderen gelingen. Auch deshalb sind die Projektbesuche in Ecuador für uns so wertvoll. Denn der Begriff „Artenvielfalt“ lässt sich zwar erklären, doch ihn einmal selbst zu erleben hinterlässt einen wirklich bleibenden Eindruck. Umso erfreulicher ist es, dass sich die Artenvielfalt auf unseren Aufforstungsflächen langsam aber sicher erholt. Unsere Artenschutzbeauftragte Heike Brieschke zählt von Jahr zu Jahr mehr Vogelarten.

Lieblingsbild #4: Ein lebendiges Arbeitsumfeld

Aufforstungsmanager Pedro Peñafiel mit einer Vogelspinne in der Baumschule von Mindo Lindo in Mindo, Ecuador © Nicanor Mejía

Die Pflanzperioden setzen das gesamte Team einem Stresstest aus, denn es müssen viele Aufgaben in einem kurzen Zeitraum erledigt werden: Die Erstellung von Pflanzplänen, der Kauf von Setzlingen, der Transport zum und innerhalb des Grundstücks, der Einsatz der Arbeiter*innen, die Budgetplanung und vieles mehr. Hinzu kommen äußere Faktoren, die nicht kontrollierbar sind, wie beispielsweise das Wetter. Doch das Arbeiten inmitten diverser faszinierender Arten erinnert stets daran, wie wichtig unsere Arbeit für die lokale Flora und Fauna ist. Mit seiner guten Laune und seinen lustigen wie auch interessanten Anekdoten weiß unser lokaler Projektkoordinator Pedro Peñafiel außerdem die Arbeitsatmosphäre aufzulockern. Hier präsentiert er tiefenentspannt eine gigantische Vogelspinne, die durch unsere Arbeit eine sichere Heimat findet.

Lieblingsbild #5: Faszination Bäume

Aufforstungsmanager Nicanor Mejía bei der Bestimmung einer neuen Baumart auf der Aufforstungsfläche „Milpe“ in San Miguel de los Bancos, Ecuador © KEK

Doch Pedro Peñafiel ist nicht der einzige, der eine ansteckende Begeisterung für das Thema mitbringt. Nicanor Mejía, der das Team in Ecuador 2020 als Forstingenieur verstärkte, hat neben der Arbeit in den Aufforstungsprojekten auch ein Hobby, das er gelegentlich auf den Flächen ausüben kann: Er ist auf der Suche nach neuen Baumarten. Hin und wieder entdeckt er eine ihm bisher unbekannte Baumart und wartet anschließend oft mehrere Monate, bis der Baum blüht und Früchte trägt. Denn erst dann lässt sich dieser sicher bestimmen und möglicherweise als neue Art beschreiben. Während der Begehung der neuen Aufforstungsfläche „Milpe“ konnten wir diesen Moment von unserem begeisterten Teammitglied einfangen.

Lieblingsbild #6: Die eigene Baumschule

Lourdes und Norma Ortíz inmitten ihrer eigenen Setzlinge im Kanton San Miguel de los Bancos in Pichincha, Ecuador © KEK

Die Begeisterung für Bäume macht auch vor den weiblichen Pflanzerinnen nicht Halt. So leiten Lourdes und Norma Ortíz neben ihrer Arbeit auf den Aufforstungsflächen inzwischen eine eigene Baumschule und produzieren sowohl für die KEK als auch für andere Aufforstungsprojekte in der Region Setzlinge heimischer Baumarten. Dadurch lernen sie einerseits auf ganz praktische Weise noch mehr über die Besonderheiten der einzelnen Pflanzen, andererseits sichern sie sich somit eine weitere Einnahmequelle. Und das erfüllt nicht nur sie selbst, sondern auch uns als Projektleiter*innen mit Stolz!

 


Ihnen hat unser persönlicher Einblick in die Projektarbeit vor Ort gefallen und Sie möchten diesen Einsatz unterstützen? Dann können Sie über diesen Link einen Baum auf unseren Aufforstungsflächen pflanzen oder hier Ihren eigenen CO2-Fußabdruck ausgleichen.

 

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