Zwei Rohdiamanten, die langsam ihren Schliff bekommen. Seit einigen Jahren nun werden Vogelmonitoringstudien auf den Wiederaufforstungsflächen von La Elenita und Saloya durchgeführt. So auch diesen Monat wieder – und die Ergebnisse sind mehr als erfreulich.


Lagen wir bei der ersten Begehung noch bei einer recht niedrigen Beobachtungszahl (in Saloya im Dezember 2015 bei 39 Arten, in La Elenita im Juli 2017 bei 45 Arten), so haben wir nun in beiden Gebieten die Hundertermarke überschritten: In La Elenita mit 135 Arten (Stand 04.05.2021) und in Saloya mit stolzen 147 nachgewiesenen Arten (Stand 27.01.2021). Viele davon gab es schon vorher, konnten aber wegen der Unzugänglichkeit der hinteren Teile bisher nicht erfasst werden.

Eine steigende Biodiversität – Erfolge der Wiederaufforstung

Auffällig und sehr erfreulich ist die Tatsache, dass die typischen Graslandbewohner – wie die Spelzer – und andere Arten, die als unspezifische Generalisten einzustufen sind – wie z.B. der Trauerkönigstyrann, nicht mehr vorherrschen, sondern langsam aber sicher von Arten verdrängt werden, die hohe Ansprüche an einen intakten und vielfältigen Waldlebensraum stellen. Diese Entwicklung ist insbesondere in Saloya zu beobachten, wo offene Weideflächen nicht mehr vorhanden sind, sondern vielmehr einem jungen, aber schon recht diversem Waldhabitat weichen mussten. Seit anderthalb Jahren konnte ich dort keine Spelzer mehr nachweisen. Das ist ein eindeutiger Erfolg der Wiederaufforstungen.

Auf der anderen Seite können seltene und hochspezifische Arten, die zuvor auf ein sehr kleines Areal beschränkt waren – wie in den Restwaldflächen entlang der Flüsse – in die neuwachsenden Wälder eindringen und ihr kleinräumiges und somit gefährdetes Areal langsam aber sicher vergrößern. Ein Beispiel dafür ist der heimliche Rostkehl-Laubwender aus der Familie der Töpfervögel, den ich erst vor einer Woche in La Elenita entdeckt habe. Unsere Unterart bewohnt die immergrünen und sehr feuchten Wälder der Chocó-Region. Er ist ein sehr scheuer Bodenvogel, der sich von Wirbellosen ernährt und dabei das Laub mit dem Schnabel umdreht.

„Eins ist sicher: je besser wir unsere erworbenen Flächen miteinander vernetzen können, umso größer werden die geschützten Waldareale und umso sicherer der Bestand an gefährdeten Vogelarten.“

Im dritten Wiederaufforstungsgebiet, dem höher gelegenen „Mirador“ werde ich im Sommer mit den Vogelbeobachtungen beginnen. Dort wird im Moment noch ein Wegesystem fertiggestellt. Ich bin gespannt, was wir dort an Arten vorfinden werden. Aber eins ist schon sicher: je besser wir unsere erworbenen Flächen miteinander vernetzen können, umso größer werden die geschützten Waldareale und umso sicherer der Bestand an gefährdeten Vogelarten.

Heike Brieschke


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Foto Purpurbrustkolibri: © Iris Baumgartner

Die engagierte Vogelexpertin ist aus unserem Projekt nicht mehr wegzudenken.


Heike Brieschke ist promovierte Biologin und Ornithologin. „Ich bin auf dem Land in der Nähe von Bonn aufgewachsen und habe ich mich schon als Kind für die Vogelwelt interessiert“, erinnert sie sich, während sie Bananen für die Futterstellen kleinschneidet. Bis heute sind Vögel ihre Leidenschaft. Nach dem Studium führten sie ihre Promotion und mehrere Forschungsaufenthalte zunächst unter anderem nach Südafrika und Kolumbien. Inzwischen lebt sie jedoch seit fast 30 Jahren zusammen mit ihrem Mann Pedro Peñafiel in Ecuador. Gemeinsam gründeten sie das Nebelwald-Reservat „Mindo Lindo“, in dem sie sich mit viel Leidenschaft dem Natur- und Klimaschutz sowie der praktischen Umweltpädagogik widmen. Zum Reservat gehört auch ein Umweltzentrum und ein Kolibri-Refugium. „In Mindo Lindo gleicht kein Tag dem anderen: Von Workshops mit Schulklassen über Vogelführungen für Reisegruppen bis hin zu Forschungsprojekten ist alles mit dabei“, berichtet Heike Brieschke. „Doch am liebsten wandere ich früh morgens nur mit Fernglas und Proviant im Gepäck zu einem meiner Beobachtungsposten, genieße die Stille – und beobachte Vögel“.

„In Mindo Lindo gleicht kein Tag dem anderen: Von Workshops mit Schulklassen über Vogelführungen für Reisegruppen bis hin zu Forschungsprojekten ist alles mit dabei.“

Aus unserem Aufforstungsprojekt „Puntos Verdes“ ist die renommierte Ornithologin nicht mehr wegzudenken. Als Vermittlerin zwischen den Akteuren in Deutschland und Ecuador kümmert sie sich beispielsweise um die Projektverwaltung und das Rechnungswesen. In erster Linie führt sie als Wissenschaftlerin jedoch projektbegleitende Studien zur Artenvielfalt im Aufforstungsgebiet durch. Um abschätzen zu können, wie sich die Biodiversität in den Aufforstungsflächen über die Jahre hinweg erhöht, führt sie unter anderem ein regelmäßiges Vogelmonitoring durch. Zuletzt konnte sie die gefährdete Schwarzrückenwachtel nachweisen.

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Foto © KEK